Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers im Rahmen von Corporate Social Responsibility

Bisher war die Corporate Social Responsibility (CSR) überwiegend aus Sicht von Marketingexperten für Unternehmen von Relevanz. Aber auch in rechtlicher Hinsicht ist die CSR bedeutsam, weil der Geschäftsführer einer GmbH die CSR ebenfalls zu berücksichtigen hat. Pflichtverstöße im Bereich der CSR können verschiedene persönliche Haftungsszenarien der Geschäftsführer einer GmbH ergeben.

1. Was ist Corporate Social Responsibility?

Corporate Social Responsibility (CSR) steht für den freiwilligen Beitrag von Wirtschaftsunternehmen zu einer nachhaltigen Entwicklung. Es ist gekennzeichnet von verantwortlichem unternehmerischen Handeln der Marktteilnehmer. Dabei geht es im Kern um eine soziale, ökologisch und ökonomisch verantwortungsvolle Unternehmensführung, die in die gesamte Werterschöpfungskette hineinwirkt. Viele Unternehmen verpflichten etwa ihre Vertragspartner im Rahmen von Verhaltenskodizes oder CSR-Vereinbarungen dazu, im Arbeitsschutz Mindeststandards einzuhalten oder Kinderarbeit und Diskriminierungen in Unternehmen und bei Zulieferern nicht zu dulden.

2. Pflichten des GmbH-Geschäftsführers zur Berücksichtigung von CSR-Aspekten

Damit die Geschäftsführer einer GmbH nach § 43 GmbHG ihren Sorgfaltspflichten nachkommen, müssen sie also auch ökologische und soziale Faktoren in ihre Überlegungen für eine Unternehmensstrategie einbeziehen. Einzelne Maßnahmen der CSR oder auch eine mittel- bis langfristige CSR-Strategie können für den grundsätzlichen wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens von entscheidender Bedeutung sein. So können etwa durch die Vermeidung von zweifelhaften Lieferketten Reputationsgewinne eintreten oder im Umkehrschluss entsprechende negative Berichterstattungen zu signifikanten Unternehmensverlusten führen.

Vor diesem Hintergrund müssen Geschäftsführer zwingend wesentliche Faktoren der CSR zur Vermeidung von Risiken in ihrer Geschäftsführung berücksichtigen.

Geschäftsführer müssen zunächst sicherstellen, dass sich ihr Unternehmen an gesetzliche Vorgaben der CSR hält. Hierbei sind insb. Umweltschutzgesetze, aber auch arbeitsrechtliche Vorschriften, wie z.B. das Mindestlohngesetz (MiLoG), welches CSRStandards beinhaltet, oder etwa tierschutzrechtliche Vorschriften zu berücksichtigen.

Daneben treten verschiedene – insbesondere auch europarechtliche – bestehende und künftige Regelungen: Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Wirtschaft hat die Europäische Kommission am 17. November 2021 zwei Gesetzesvorschläge vorgestellt, die sich mit der Bekämpfung von Entwaldung und Waldzerstörung sowie mit der Neuregelung von Abfall-Exporten befassen. Daneben hat die Europäische Kommission eine Neuregelung der Abfallverbringungsverordnung vorgeschlagen.

Neben diesen europarechtlichen Vorschriften, die der Geschäftsführer im Hinblick auf ihre Umsetzung im Blick behalten muss, sind bereits europarechtliche Regelungen in nationales deutsches Recht umgesetzt worden: Der Deutsche Bundestag hat am 11. Juni 2021 das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) beschlossen. Das Gesetz tritt am 1. Januar 2023 in Kraft.

Entscheidend ist, dass der Geschäftsführer diese relevanten Vorschriften im Blick hat, kennt und geeignete Strukturen in seinem Unternehmen vorhält, welche die Einhaltung der Vorschriften gewährleisten. So müssen betroffene Unternehmen zur Wahrung ihrer menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten nach dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)

  • ein Risiko-Management-System implementieren,
  • geeignete, betriebsinterne Zuständigkeiten, z.B. durch die Ernennung eines Menschenrechtsbeauftragten, festlegen,
  • regelmäßig Risikoanalysen durchführen,
  • eine Grundsatzerklärung abgeben,
  • im eigenen Geschäftsbereich und bei unmittelbaren Zulieferern Präventionsmaßnahmen (z.B. durch die Einrichtung einer Whistleblower-Hotline) verankern,
  • gegebenenfalls Abhilfemaßnahmen ergreifen,
  • ein Beschwerdeverfahren einrichten sowie
  • Verfahren zu Dokumentationen und Berichterstattungen implementieren.

3. Haftung aufgrund von Pflichtverstößen gegen CSR

In Bezug auf die vorgenannten Verpflichtungen droht im Falle von Verstößen eine persönliche, unbeschränkte Haftung des Geschäftsführers für all diejenigen Schäden, die sich bei der Gesellschaft aus dem Pflichtenverstoß gegen CSR-Standards kausal realisieren. Die Haftungsgrundlage für GmbH-Geschäftsführer ergibt sich dabei aus § 43 GmbHG.

Von besonderer Bedeutung ist hierbei das Prinzip der abgestuften Darlegungs- und Beweislastverteilung: Danach muss das geschädigte Unternehmen lediglich die Pflichtverletzung des Geschäftsführers darlegen und einen kausal auf diese Pflichtverletzung zurückgehenden Vermögensschaden. Der Geschäftsführer muss sich hinsichtlich der Pflichtwidrigkeit und des Verschuldens entlasten bzw. beweisen, dass der Schaden auch bei einem rechtmäßigen Alternativverhalten eingetreten wäre.

Zu berücksichtigen ist, dass im Bereich der CSR dem Geschäftsführer ein weites unternehmerischen Ermessen einzuräumen ist, soweit es keine konkreten gesetzlichen Verpflichtungen gibt. Regelmäßig ist dann nicht von einer Pflichtverletzung auszugehen, wenn der Geschäftsführer seine unternehmerische Entscheidung auf einer angemessenen Informationsgrundlage getroffen hat (vgl. sog. Business Judgement Rule).

Dieser Ermessensspielraum besteht jedoch dort nicht, wo gesetzliche Vorschriften den Rahmen der CSR konkret umreißen. Wenn also etwa das neue Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz auf das Unternehmen anzuwenden ist, bleibt für den Geschäftsführer kein Ermessensspielraum, die Vorschriften dieses Gesetzes nicht einzuhalten.

4. Reform des DCGK 2022 – Bedeutung von Nachhaltigkeitsaspekten steigt

Von wesentlicher Bedeutung ist im Rahmen der sog. Business Jugement Rule ein Blick auf die Entwicklung des Deutschen Corporate Governance Kodex. Denn der DCGK gilt zwar nur für börsennotierte Aktiengesellschaften. Es ist aber rechtsformübergreifend anerkannt, dass der DCGK auch für GmbHs Standards für eine gute und verantwortungsvolle Unternehmensführung beinhaltet. Im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung wird ein Gericht diesen Kodex heranziehen, um zu beurteilen, ob ein GmbH-Geschäftsführer pflichtgemäß gehandelt hat.

Am 21.01.2022 hat die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex (DCK) den Entwurf des DCGK 2022 vorgelegt. Die vorgeschlagenen neuen Grundsätze und Empfehlungen betreffen dabei insbesondere die Berücksichtigung ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit bei der Leitung und Überwachung von börsennotierten Unternehmen. So soll der Vorstand künftig unter anderem die mit den Sozial- und Umweltfaktoren verbundenen Risiken und Chancen für das Unternehmen sowie die ökologischen und sozialen Auswirkungen der Unternehmenstätigkeit identifizieren und bewerten. Die Unternehmensstrategie soll Auskunft darüber geben, wie wirtschaftliche, ökologische und soziale Ziele in ein ausgewogenes Verhältnis gesetzt werden sollen. Zudem soll die Unternehmensplanung finanzielle und nachhaltigkeitsbezogene Ziele enthalten.

Die Ausrichtung eines internen Kontroll- und Risikomanagements soll dabei auch finanzielle und nachhaltigkeitsbezogene Belange berücksichtigen und entsprechende Systeme sowie Prozesse zur Erfassung und Verarbeitung nachhaltigkeitsbezogener Daten beinhalten.

5. Zusammenfassung

Die Einhaltung von Standards der CSR ist schon lange nicht mehr lediglich ein Thema für Marketing und Vertrieb, sondern in der haftungsrechtlichen Wirklichkeit der Geschäftsführung einer GmbH angekommen. Im Rahmen gesetzlich bestehender Vorgaben versteht sich die Einhaltung dieser Vorschriften, etwa beim Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, für die Geschäftsführer von allein, da ansonsten persönliche Haftung droht. Aber auch im Rahmen von (noch) nicht kodifizierten Bereichen der CSR, in denen dem Geschäftsführer im Rahmen der Business Judgement Rule ein Ermessenspielraum bei Entscheidungen zugebilligt werden muss, ist auf Entwicklungen und Standards der CSR zu achten. Die Anpassung des Deutschen Corporate Governance Kodex 2022 in Bezug auf Nachhaltigkeitsaspekte trägt dem Rechnung und ist auch von GmbH-Geschäftsführern zu berücksichtigen.