Stellen wir uns vor: Es ist 2028, Russland greift einen baltischen Staat an, während China Taiwan blockiert. In einem solchen Szenario stünden NATO und USA vor enormen Herausforderungen: Die konventionellen Streitkräfte könnten einem schnellen Vorstoß Russlands nur schwer standhalten, während es Wochen, wenn nicht Monate dauern würde, US-Truppen in der indopazifischen Region zu stationieren. Die aus Zeiten des Kalten Krieges bekannte Abschreckung durch taktische Atomwaffen wäre zu riskant und birgt das Eskalationspotenzial eines Dritten Weltkriegs.
Doch die Ukraine hat gezeigt, dass es eine wirkungsvolle Alternative gibt. Mit Hunderttausenden von Drohnen gelang es ihr, die als zweitstärkste der Welt geltende russische Armee zurückzudrängen und in Schach zu halten. Dieser Erfolg ist nicht nur den tapferen Soldat:innen der Ukraine zu verdanken, sondern auch dem massiven und innovativen Einsatz unbemannter Systeme. Die Ukraine ist das erste Land, das eine eigene Drohnenstreitkraft geschaffen hat – die „Unmanned Forces of Ukraine“. Ein Wendepunkt in der militärischen Geschichte, vergleichbar mit der Gründung der Royal Air Force während des Ersten Weltkriegs.
Auch die USA haben die Bedeutung dieser Entwicklung erkannt. Das Indo-Pazifik-Kommando hat mit der „Hellscape Strategy“ eine Vision für den Einsatz unbemannter Systeme in Konflikten entworfen. Im Falle eines Angriffs auf Taiwan sollen Zehntausende unbemannte Boote, U-Boote und Drohnen die Region schützen. Die „Replicator Initiative“ der ehemaligen stellvertretenden Verteidigungsministerin Kathleen Hicks zielt darauf ab, die Produktionskapazitäten für diese Technologie schnell zu erweitern. Gleichzeitig entwickeln bereits sechs NATO-Staaten eine eigene „europäische Drohnenmauer“, um Russland abzuschrecken.
Die entscheidenden Vorteile von Drohnen liegen in ihrer Effizienz und Flexibilität. Sie erfordern keine umfangreiche Logistik, verursachen kaum Personalkosten und bieten eine glaubwürdige taktische Abschreckung, ohne die Risiken von Atomwaffen zu bergen. Mit einem Arsenal von Millionen autonomer Drohnen ließen sich mechanisierte Angriffe oder Flottenbewegungen effektiv stoppen. Die Ukraine hat bereits bewiesen, wie mächtig diese Waffe sein kann: Von der Abwehr großangelegter russischer Offensiven über die Lahmlegung der Schwarzmeerflotte bis hin zu Überraschungsoffensiven tief in russisches Gebiet. Schon jetzt sind also autonome Drohnenschwärme im Einsatz, bei denen Tausende von Einheiten durch wenige Bediener gesteuert werden. Diese Systeme können selbst die fortschrittlichste Luftabwehr überwältigen.
Doch dieser Wandel erfordert entschlossenes Handeln. Die Ukraine hat den Weg vorgezeichnet und für den Westen ist es jetzt an der Zeit, diese Lehren zu verstehen und umzusetzen. Ohne den Aufbau eigener spezialisierter Drohnenstreitkräfte droht ein Versagen der Abschreckung in zukünftigen Konflikten. Wir brauchen die „Unmanned Forces of NATO“.

Advertorial aus dem Handelsblatt Journal Sicherheit und Verteidigung vom 04.02.2025