Biotechnologie: Strategische Treiber aus der Wissenschaft

Zölle auf pharmazeutische Produkte und Kürzung der Vergütungen für Arzneimittel in den USA, aber auch in Europa

Für die Pharma/Biotech Industrie in Europa wie in den USA stellt diese Entwicklung eine große Herausforderung dar. Eine Kürzung bei Forschung und Entwicklung ist zu erwarten und als Konsequenz weniger innovative Arzneimittel. Diese Entwicklung wird aktuell durch die Entscheidung großer Firmen unterstrichen, geplante Forschungs- und Entwicklungs-Investitionen für Arzneimittel zu streichen, zB auch in Großbritannien. Biotech Firmen ihrerseits hatten bereits mehrere Jahre ein schwieriges finanzielles Umfeld, der Trend verstärkt sich in diesem Jahr; sie sind aber für die großen Pharmafirmen ein essentieller Motor der Innovation. Bezüglich der Arzneimittelpreise besteht die Forderung, diese in den USA zu senken, dafür aber in Europa die Preise zu erhöhen, so dass dort mehr in Forschung und Entwicklung investiert werden kann. Dass dies geschieht, ist eher unwahrscheinlich und Firmen sind gut beraten, nicht darauf zu warten. Andererseits scheint die digitale Gesundheitsbranche weiterhin signifikante Investitionen anzuziehen.

Die strategische Bedeutung der Biotech-Industrie

Betrachten wir Deutschland: Wenig Rohstoffe, sehr teure Energie, aber viele kluge Köpfe mit einer guten wissenschaftlichen Ausbildung. Damit sollten strategische Investitionen in die Biotechnologie für unser Land eine Selbstverständlichkeit sein, weil biotechnologische Verfahren keine knappen Rohstoffe brauchen, vergleichsweise wenig Energie und ihr „Rohstoff“, die Köpfe, schon da sind – und sich dieses Potenzial durch ein Abwandern von Forschern aus den USA nach Europa noch verstärken könnte. Noch sehen wir eine strategische Unterstützung der Biotechnologie in Deutschland seitens der Politik jedoch nicht, sondern eher Bemühungen um alte Industrien wie die Produktion von Stahl, die „grün“ werden soll, oder die schwächelnde Autoindustrie.

Forderung an die Politik

Neben einer Investition in Rüstung, zu der auch die Biotechnologie gehören sollte – nationale Sicherheit ist auch Sicherheit vor natürlichen biologischen Bedrohungen wie Corona und biologischen Waffen – ist es strategisch notwendig, in Zukunftsgebiete zu investieren. Dazu zählt definitiv die Biotechnologie, die für die Lösung medizinischer Probleme (zB Bereitstellung von Impfstoffen, Arzneimitteln) zentral ist und die durch die oben erwähnten Veränderungen in ihrer Entwicklung bedroht ist. Biotechnologische Verfahren stellen aber auch Produkte für die Industrie bereit (z.B. Enzyme, Proteine) und tragen zur Lösung von Umweltfragen bei. Ein Beispiel sind Mikroorganismen, die CO2 als Kohlenstoff-Quelle benutzen, sodass es über Zwischenprodukte zu Sukzinat wird, das wiederum ein Baustein für vielfältige Weiterverarbeitung werden kann (Anwendung für Fasern, Plastik, Lösungsmittel, etc.). Auch wenn diese Entwicklung noch am Anfang steht: „Die Zukunft ist CO2 in Produkten, nicht in der Luft“. Ein weiteres Beispiel sind Mikroorganismen, die Seidenproteine herstellen, die zu einer Vielzahl von Formen verarbeitet werden können (Pulver, Hydrogele, Fasern und Beschichtungen). Diese zu 100 % proteinbasierten, vollständig biologisch abbaubaren und mikroplastikfreien Biomaterialien können u.a. zur Herstellung einer neuen Klasse von Fasern für Textilanwendungen in der Mode- und Automobilindustrie verwendet werden.