Wie Social Media den Autoverkauf revolutioniert (hat)

Szene: Jemand läuft durch ein Parkhaus. Tesla neben Tesla, brandneue Fahrzeuge, alle ohne Kennzeichen. Dann ein Schwenk auf einen Laptop, auf dem ein Sonderangebot aufleuchtet.

Call-to-Action: Rabattaktion nutzen, jetzt kaufen! Und zwar nicht im nächsten Autohaus, sondern direkt per Klick auf den Link im Video. Klingt futuristisch? Keineswegs! Ein organisches Video zum Tesla Model Y, das bis heute über 645.000 Aufrufe und mehr als 1.700 Link-Klicks auf das Angebot bekommen hat, führte zu fünf Autoverkäufen und etwa 300.000 Euro Umsatz.

Dieses Beispiel zeigt, wie sich der Autovertrieb verändert hat: Direct-to-Consumer-Vertrieb (D2C) ist längst Realität. Menschen kaufen nicht mehr nur Essen oder Einrichtungsgegenstände online, sondern auch Autos. Das stellt nicht nur das klassische Autohaus-Modell auf den Kopf, sondern auch die Markenkommunikation.

Social Media hat den Zugang zu Informationen revolutioniert. Hersteller erhalten durch umfassende Datenanalysen tiefe Einblicke in das Verhalten und die Wünsche ihrer Kund:innen. Für Markenkommunikation bedeutet das: Weg von aufwändig produzierten Werbespots mit Horizontaufnahmen im Sonnenuntergang – hin zu authentischen 9:16-Videos, die konkrete Use Cases aufzeigen.

Social-Media-Strategie statt klassische Werbung

Allerdings: Unternehmen, die Social Media nur als Werbefläche sehen, werden abgestraft. Social Media lebt von Dialog – Marken müssen auf Augenhöhe mit der Community interagieren. Dieser Ansatz unterscheidet sich grundlegend von klassischer Werbung, die sich auf ein Sender-Empfänger-Modell stützt. Was bedeutet das für die Marketing-Praxis?

Eine wirksame Strategie beginnt mit einem eigenen Brand-Account. Dieser gibt Marken die Kontrolle über ihre Inhalte und den direkten Zugang zur Zielgruppe. Nahbarkeit ist dabei entscheidend: Je werblicher der Content, desto distanzierter wirkt die Marke. Wichtig ist auch das Community-Management: Der direkte Austausch mit Follower:innen, das Eingehen auf Kommentare, das Aufgreifen von Themenwünschen – all das macht eine erfolgreiche Social-Media-Strategie aus.

Horizontale Produkte ins Hochkant-Format bringen

Die Hochglanz-Ästhetik ist auch in Zeiten von Social Media noch relevant – schließlich geht es bei einem Auto nicht nur um ein Gebrauchsobjekt, sondern um ein Lebensgefühl. Aber der Fokus hat sich verschoben: Details spielen eine viel größere Rolle. Ein Video über das Lichtdesign kann inzwischen genauso imposant wirken wie ein Werbespot, wenn es gut inszeniert ist.

Auf Social-Media-Plattformen kann heute der gesamte Marketing-Funnel abgebildet werden: von der Awareness-Phase – erster Kontakt mit dem Produkt – über die Consideration-Phase – Vergleich und nähere Auseinandersetzung mit dem Produkt – bis hin zur Entscheidung und Loyalität. In jeder Phase müssen die Inhalte den spezifischen Bedürfnissen der Zielgruppe angepasst werden. In der Awareness-Phase zum Beispiel mit einem Video, das die Design-Highlights des Autos inszeniert; in der Entscheidungsphase wirken detaillierte Erfahrungsberichte besser.

Influencer:innen und Multiplikator:innen: Reichweite und Vertrauen vereinen

Ein entscheidender Hebel für eine erfolgreiche Social- Media-Strategie ist daher ebenfalls die Zusammenarbeit mit Multiplikator:innen und Influencer:innen. Kooperationen können entlang des Marketing-Funnels gezielt eingesetzt werden: In der Awareness-Phase eignen sich Inszenierungen als Lifestyle-Objekt, sei es durch coole Fahrten oder durch Fokus auf das Design. In der Consideration- Phase sind eher detaillierte Reviews und Testfahrten gefragt, die die Funktionen und technischen Highlights des Fahrzeugs erklären. Influencer:innen bringen Vertrauen mit, das direkt auf die Marke abstrahlt. Aber Vorsicht: Wenn sie in die Kritik geraten, kann das auch die Marke treffen. Deshalb ist es wichtig, die Influencer:innen sorgfältig auszuwählen und eigene Reichweite zu haben.

Mehr als nur Verkauf: Social Media als Erlebniswelt

Der Autoverkauf über Social Media ist kein kurzfristiger Hype, sondern ein Signal für einen grundlegenden Wandel im Vertriebs- und Marketingverständnis der Hersteller. Social Media ist die Schnittstelle zwischen Konsument: innen und Unternehmen, in der Authentizität und Interaktion den Takt vorgeben. Wer langfristig erfolgreich sein will, muss nicht nur gute Autos bauen, sondern Erlebnisse schaffen – online wie offline.

Es geht weg von aufwändig produzierten Werbespots – hin zu authentischen 9:16-Videos, die konkrete Use Cases aufzeigen.

Dominik Fisch
Dominik Fisch, Geschäftsführer, Social Attention
Das aktuelle Handelsblatt Journal
Dieser Artikel ist im aktuellen Handelsblatt Journal „Die Zukunft der Automobilindustrie“ erschienen. Das vollständige Journal können Sie sich hier kostenlos herunterladen:
Zum Journal