Vergleich der Regularien in EU,USA und China

Seit dem Pariser Klimagipfel 2015 ist es weltweit bekannt, dass der Kampf gegen den Klimawandel in unserer Verantwortung liegt. 196 Länder einigten sich auf Maßnahmen, um die globale Erwärmung unter 1,5°C zu halten und den CO2-
Ausstoß ab 2025 zu reduzieren. Klimaneutralität bedeutet, dass nur so viel Treibhausgase emittiert werden, wie die Natur aufnehmen kann. Im Folgenden werden die Aktivitäten der EU, USA und China im Bereich der Fahrzeugindustrie
gegenübergestellt. Der Begriff „NEV“ (New Energy Vehicle) bezieht sich auf alternative Antriebe wie Batterie, Plug-in-Hybrid und Brennstoffzelle.

China: Powerhouse mit Ambitionen

Als weltgrößter Emittent von Treibhausgasen (33 Prozent) trägt China eine besondere Verantwortung. Ein Großteil der Emissionen entsteht jedoch durch die Produktion für den Weltmarkt. Das Land hat den Anspruch, eine führende Rolle in der E-Autoindustrie zu übernehmen. Dabei steht weniger der Klimaschutz im Vordergrund, sondern die Modernisierung der Industrie und die Schaffung einer global wettbewerbsfähigen Position in der Automobilbranche, um der Dominanz traditioneller Herstellernationen entgegenzutreten.

Die Automobilindustrie Chinas ist stark reguliert und muss sich an staatliche Gesetze und Vorgaben halten. 2009 wurden die ersten Indikationen zu NEV reguliert, seit Ende 2020 gilt das 2. NEV – Gesetz mit Vorgaben bis 2035. Ziel dieser Regelungen war primär die Verbesserung der Luftqualität in Städten sowie die Etablierung einer starken Position im globalen Automobilmarkt. China investierte massiv in den Ausbau der Elektromobilität: Etwa 230 Milliarden US-Dollar flossen von 2010 bis 2023 in Subventionen und Prämien, ohne die zusätzlichen Mittel der Provinzen und Städte einzurechnen.

China plant, dass bis 2035 die Hälfte aller Neuwagenverkäufe NEVs sind, wobei der Fokus auf batterieelektrischen Fahrzeugen (BEV) liegt. Im September 2020 kündigte Präsident Xi Jinping an, dass China bis 2030 den Höhepunkt seiner CO2-Emissionen erreichen und bis 2060 klimaneutral sein wolle. Diese Zielsetzung wurde in den sogenannten „1+N Rahmen“ integriert, der Prinzipien zur Emissionsreduktion und den „30/60 Plan“ für die nächsten Fünfjahrespläne (14. FYP 2021- 2025 und 15. FYP 2026-2030) definiert. Mit 26 Millionen NEVs und über 10 Millionen öffentlichen Ladepunkten ist China der führende Markt für emissionsarme Fahrzeugtechnologie und Ladeinfrastruktur, fundiert durch massive finanzielle Invests seitens der Regierung.

EU: Schwiegie Integration von unterschiedlichen Interessen

Die EU verabschiedete diverse Verordnungen, die von den nationalen Regierungen umgesetzt werden müssen. Der „Green Deal“ von 2019, der Klimaneutralität bis 2050 anstrebt, ist der zentrale Leitfaden für alle Länder und deren Industrien und Bereiche. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die EU-Staaten ihre Treibhausgasemissionen drastisch senken und unvermeidbare Emissionen kompensieren. Bis 2030 sollen die Emissionen um mindestens 55 Prozent im Vergleich zu 1990 reduziert werden.

Für die Automobilindustrie wurden strenge Grenzwerte eingeführt: Ab 2025 dürfen Neufahrzeuge maximal 93,5 g CO2/km emittieren, bis 2035 ist der Verkauf von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren vollständig einzustellen. Seit 2019 führten zudem viele Länder steuerliche Anreize und Prämien für Käufer von emissionsarmen Fahrzeugen ein. Der Anteil von Elektrofahrzeugen (BEV) und Plug-in-Hybriden (PHEV) stieg bis 2023 auf 22 Prozent des Neuwagenmarktes. Mitte 2024 sind in Europa etwa 5 Millionen reine E-Fahrzeuge zugelassen. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur bleibt jedoch hinter den Zielen zurück: Es gibt rund 632.390 öffentliche Ladepunkte, davon nur 13,5 Prozent Schnelllader.

USA: Aufholjagd auf Kosten Deutschlands?

Mit dem „Inflation Reduction Act“ (IRA) von 2022 setzte die USA weitreichende Maßnahmen für den Klimaschutz um. Das Gesetz zielt auf die Modernisierung und Ansiedlung umweltfreundlicher Technologien in den USA ab. Es setzt erstmals konkrete Ziele zur Reduzierung der CO2-Emissionen fest, die jedoch im März 2024 auf die Modelljahre 2027-2032 verschoben wurden. Die amerikanische Automobilindustrie, abgesehen von Tesla und Rivian, ist noch nicht vollständig wettbewerbsfähig Für 2032 wird ein Durchschnittswert von 85 Gramm CO2 pro Meile für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge angestrebt, was einer Reduktion von 50 Prozent im Vergleich zur Massgabe von 2026 entspricht.

Der IRA stellt finanzielle Mittel von 370 Mrd. US$ bereit, zum Beispiel für Subventionen für den Kauf von E-Autos und den Ausbau der Ladeinfrastruktur. In den USA gibt es etwas über 182.000 öffentliche Ladepunkte, davon sind etwa 33 Prozent Schnelllader. Käufer von Elektrofahrzeugen können steuerliche Vorteile in Höhe von bis zu 7.500 US-Dollar erhalten, abhängig von Einkommen und Fahrzeugpreis. Im Gegensatz zu China gibt es keine Quoten für NEVs, und die Regelungen sind nicht landesweit einheitlich: Kalifornien etwa hat eigene, strengere Vorgaben, die z. B. ab 2035 den Verkauf von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren verbieten.

Deutschland: Ein Leit(d)markt

Seit 2013 stellt die deutsche Bundesregierung über den Energie- und Klimafonds (EKF) Mittel für die Modernisierung und Förderung der Verkehrswende bereit. 2022 wurden zusätzlich 4,7 Milliarden Euro für die Weiterentwicklung der Elektromobilität inklusive des Ausbaus der Ladeinfrastruktur eingeplant. Aufgrund von Haushaltslücken wurde die Umweltprämie für private EFahrzeuge jedoch abrupt im Dezember 2023 eingestellt. Dies führte zu einem Einbruch des Marktes für emissionsarme Fahrzeuge, der sich bis heute nicht vollständig erholt hat. Das Ziel, bis 2030 15 Millionen E-Fahrzeuge auf die Straße zu bringen, erscheint unter den aktuellen Bedingungen unerreichbar. Eine Neuregelung als Steuererleichterung könnte nur einen Teil der potenziellen Käufer ansprechen. Gleichzeitig setzt Deutschland auf den Ausbau der Ladeinfrastruktur durch die Anpassung von Gebäudevorschriften an EU-Vorgaben und die Durchsetzung der Tankstellenverordnung, die Lademöglichkeiten im Abstand von 10-15 km vorsieht. Trotz einer nationalen Batteriestrategie, die Deutschland zu einem Leitmarkt machen sollte, werden zudem in 2025 auch die Mittel für die Batterieforschung gekürzt und keine neuen Projekte finanziert. Im Vergleich zu den Investitionen der USA und China in Industrie, Forschung und Entwicklung sowie Konsumentenförderung bleibt Deutschland zurück und riskiert, seine Schlüsselindustrie, die Automobilindustrie, die 20 Prozent des BIP ausmacht, sich selbst zu überlassen und somit ins Abseits drängen zu lassen. Dies würde für die gesamte Wirtschaftsleistung Deutschlands ein Risiko darstellen.

Im Vergleich zu den Investitionen der USA und China in Industrie, Forschung und Entwicklung sowie Konsumentenförderung bleibt Deutschland zurück und riskiert, seine Schlüsselindustrie, die Automobilindustrie, ins Abseits drängen zu lassen.

Beatrix C. Keim
Beatrix C. Keim Director, CAR Center Automotive Research
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