Transparenz schaffen, Menschen trösten, Kompromisse finden, neue Wege umsetzen:  Die Rolle des Chief Restructuring Officers (CRO)

Wirklich beliebt ist die oder der CRO bei Unternehmen nur selten. Aber in Zeiten der Restrukturierung essenziell nötig als Experte für Sanierung und Krisenmanagement. Denn dank ihrer bzw. seiner Expertise werden schonungslose Wahrheiten transparent gemacht, Kompromisse erarbeitet und die Umsetzung von Maßnahmen durchgesetzt.

CROs werden dann eingesetzt, wenn ein Unternehmen seine Zinsen und Kreditrückzahlungen nicht mehr bedienen kann oder eine anstehende Re-Finanzierung aufgrund schlechter operativer Performance oder Überschuldung in Gefahr ist. Der CRO wird dabei entweder von Eigentümern, Kreditgebern oder dem Unternehmensmanagement eingesetzt, um eine notwendige Sanierung voranzutreiben und sicherzustellen, dass diese erfolgreich umgesetzt wird. Ein CRO agiert typischerweise mit Generalbevollmacht oder als Organ im Unternehmen und berichtet jeweils an die Eigentümergemeinschaft oder den Aufsichtsrat. Die Schnittstellenfunktion zwischen den diversen Stakeholdern gehört dabei zu einer seiner wesentlichen Rollen.

Ein Beispiel: Ein Unternehmen konnte seine Kredite nicht mehr bedienen und brauchte dringend eine Re-Finanzierung. Um sich erfolgreich zu sanieren, wandten sich die Eigentümer an AlixPartners um einen CRO zu stellen, das Unternehmen erfolgreich zu sanieren und eine Refinanierung zu ermöglichen. Neben der Sicherstellung der finanziellen und operativen Sanierung musste der CRO insbesondere die unterschiedlichen Interessen von Management/Eigentümern und Kreditgebern balancieren. In dieser Rolle musste der CRO auch das Verhältnis zum Managementteam pflegen, welches keinen „Aufpasser“ haben wollte.

Das Beispiel verdeutlicht unter anderem, dass der CRO als Schnittstelle zwischen dem Unternehmen und seinen Stakeholdern auch eine entscheidende Rolle im Kommunikationsprozess spielt und sowohl Fingerspitzengefühl als auch Durchsetzungsvermögen zeigen muss. Er muss in der Lage sein, Kreditgeber, Lieferanten, Kunden und andere Interessengruppen über die geplanten Restrukturierungsmaßnahmen zu informieren und gleichzeitig auch mit ihnen zu verhandeln. Dabei ist es wichtig, Vertrauen zu schaffen und die Unterstützung der Stakeholder für die Sanierungsbemühungen zu gewinnen. Oft sind die Interessen der Kreditgeber mit denen des Managements oder der Eigentümer nicht kongruent – ein Spannungsfeld, das immer wieder zu Streit führen kann.

In der finanziellen und operativen Sanierung sind die Aufgaben in der CRO-Funktion vielfältig und anspruchsvoll. Gerade zu Beginn des Engagements steht die Sicherstellung von ausreichend Liquidität während des Sanierungszeitraums im Vordergrund. Hauptaufgaben liegen auch darin, die Ursachen der Krise zu identifizieren und Sofortmaßnahmen zu ergreifen, um akute Probleme zu lösen. Dies erfordert eine gründliche Analyse der Unternehmenssituation, einschließlich der Finanzen, der operativen Prozesse und der Marktbedingungen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt der CRO-Rolle besteht darin, eine Restrukturierungsstrategie zu entwickeln und umzusetzen. Diese Restrukturierungsstrategie wird üblicherweise in einem Sanierungsgutachten, auch „S6“ genannt, festgehalten – ein Standard des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland. Die Strategie beinhaltet die Neuausrichtung des Unternehmens, die Optimierung von Geschäftsprozessen, die Reduzierung von Kosten sowie die Sicherstellung einer nachhaltigen Finanzierung. Immer öfter werden im Rahmen der Sanierung auch Unternehmensanteile verkauft oder anderweitig in das Portfolio des Unternehmens eingegriffen. Der wertmaximierte Verkauf in einer Sanierungssituation ist auch für Profis ein Drahtseilakt.

Wieder zu unserem Beispiel: Um Kredite anteilig zurückzuführen wurde entschieden, einen Unternehmensteil zu veräußern. Die Herauslösung des Unternehmensteils sowie die Reduzierung von Standortkosten standen dabei in der erarbeiteten Restrukturierungsstrategie. Die Einwerbung zusätzlichen Kapitals durch Factoring und alternative Kreditgeber (Fonds) flankierten zudem die Bemühungen, ausreichend Liquidität einzuwerben. Der eingesetzte CRO wurde in diesem Fall durch drei Kollegen unterstützt, die selbstständig ihre Arbeitspakete leiteten, um die erfolgreiche Sanierung des Unternehmens voranzutreiben.

Nach unserer Erfahrung ist es sinnvoll, dass der CRO in der Regel ein kleines, gut ausgebildetes Team mitbringt. Kollegen und Kolleginnen, selber mit 5-15 Jahren Berufserfahrung, die das Unternehmen bei der Erarbeitung der Sanierungsstrategie unterstützen, Verbesserungsmaßnahmen im Unternehmen identifizieren und die Umsetzung vorantreiben. Wichtig ist bei der Auswahl des CRO, dass situationsspezifisch flexibel Expertise zu Fachbereichen wie Einkauf, Preismanagement, Personalanpassung etc. hinzugezogen werden kann.

Über die Autoren

Peter Neubacher verfügt über 30 Jahre Berufserfahrung, davon 20 Jahre in der Transformation und Sanierung von Unternehmen. Er hat eine Vielzahl von CFO- und CRO-Mandaten absolviert.

Lennard Weghöft begleitet Unternehmen seit 13 Jahren bei komplexen Transformationen und Sanierungen, oft in interimistischen Führungsrollen im Finanz- und Restrukturierungsbereich und als Co-CRO.