Der Veröffentlichung liegt eine Befragung repräsentativer Arbeitgeber und Arbeitnehmer:innen zugrunde. Betrachtet man die Entwicklungen der letzten Jahre in anderen Branchen zeigt sich, dass sich die Ergebnisse der Studie auch auf diese anwenden lassen. Der Wertewandel der Generationen und die damit einhergehenden veränderten Bedürfnisse zukünftiger Arbeitnehmer:innen durchdringen nahezu alle Branchen am Markt.
Man könnte diskutieren, ob die Ergebnisse einer vor drei Jahren durchgeführten Studie im Kontext einer sich im Zuge der Corona-Pandemie radikal veränderten Arbeitswelt mittlerweile veraltet sind. Hat sich der Arbeitsmarkt in der Zwischenzeit nicht längst an die Nachwuchsgeneration angepasst, indem das jahrzehntelang herbeigesehnte Home Office und die angepriesenen flexibleren Arbeitszeiten zur Norm geworden sind? Die tägliche Praxis zeigt leider, dass das Gegenteil der Fall ist. Die Ergebnisse der Studie und die damit einhergehenden Problematiken sind mehr denn je brandaktuell.
Der Arbeitsmarkt aus Sicht der Arbeitgeber
Betrachtet man den Arbeitsmarkt aus der Perspektive der Arbeitgeber, ist vor allem ein Begriff derzeit in aller Munde: “Fachkräftemangel”. Die deutschen Unternehmen suchen händeringend nach ausgebildetem und geeignetem Personal. Eine Aussicht auf Besserung besteht derzeit nicht – im Gegenteil. Laut dem Institut der deutschen Wirtschaft könnten bis zum Jahr 2030 rund fünf Millionen Fachkräfte fehlen. Grund dafür sind vor allem die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer, die nun nach und nach das Rentenalter erreichen. Betrachtet man den Heyjob-Index als Index für Recruiting-Schwierigkeit im Oktober 2022 lässt sich ein kontinuierlicher Abwärtstrend erkennen. Der Index zeigt das Verhältnis von offenen Stellen zu aktiven Jobsuchenden in Deutschland. Derzeit liegt der Index bei 0,76. Das bedeutet, auf eine offene Stelle entfällt nicht mal ein:e Bewerber:in – und dabei wird die fachliche Eignung der Bewerber:innen noch völlig außen vor gelassen. Die Kluft zwischen bestehenden Vakanzen und geeigneten Bewerber:innen wächst stetig. Die Folgen für die Industrie sind verheerend: fehlendes Wachstumspotenzial, Mehrbelastung der vorhandenen Belegschaft, steigende Arbeitskosten, Auftragsverluste sowie der drohende Verlust der Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit.
Der Arbeitsmarkt aus der Sicht jüngerer Generationen von Arbeitnehmer:innen
Betrachten wir hingegen die Seite der Arbeitnehmenden und vor allem die Nachwuchskräfte, zeichnet sich deutlich der Wertewandel im Zuge jüngerer Generationen, der Generation Y und Z ab. Im Gegensatz zu älteren Generationen wie die der Babyboomer oder der Generation X verschieben sich die Prioritäten von Sicherheit zu Flexibilität, von Wohlstand zu Freiheit. Doch was bedeutet das konkret? Junge Arbeitnehmer:innen streben zunehmend nach mehr Autonomie und Flexibilität. Eine ausgewogene “Work-Life-Balance” ist für jüngere Generationen kein Luxus mehr, sondern selbstverständlich. Die Bereitschaft zu Überstunden und 60-Stunden-Wochen nimmt drastisch ab. Arbeitgeber, die für eine solche Arbeitskultur bekannt sind, haben im Kampf um die Talente das Nachsehen. Neben der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben spielen vor allem die Arbeitsatmosphäre, das Verhältnis zu Vorgesetzten und Kolleg:innen sowie das Gehalt eine tragende Rolle bei der Wahl des Arbeitgebers.
Das Prinzip von Angebot & Nachfrage
Die Kombination aus dem Überangebot an offenen Stellen und dem Mangel an Talenten hat dazu geführt, dass sich der Arbeitsmarkt deutlich zugunsten der Arbeitnehmenden entwickelt hat. Nicht selten kommt es vor, dass Kandidat:innen sich zwischen mehreren Jobangeboten entscheiden können – wenn sie sich denn überhaupt noch proaktiv beim Arbeitgeber bewerben. Aus diesem Grund ist es für Arbeitgeber heute unabdinglich, Employer Branding zu betreiben und aktiv auf Talente zuzugehen. Dabei kann es für die Industrie durchaus sinnvoll sein, sich externe Unterstützung durch Employer Branding und HR-Startups wie TalentRocket zu suchen, um den Unternehmensauftritt optimal zu gestalten.
Viele Arbeitgeber haben die Notwendigkeit zwar im Kern erkannt, oft fehlt es jedoch an zweierlei: tiefgreifendem Verständnis in der Partnerschaft und der Bereitschaft, der Erkenntnis konsequent und auf allen Ebenen Taten folgen zu lassen. Durch höhere Einstiegsgehälter versuchen viele Unternehmen, den Einstieg attraktiver zu gestalten. Inwiefern Spitzengehälter allein den wahren Bedürfnissen der jüngeren Generationen entsprechen, wird sich in den kommenden Jahren und Monaten zeigen.
Wie schaffen es Arbeitgeber also, trotz Fachkräftemangel die besten Talente für sich zu gewinnen? Die Antworten auf diese Frage lauten wie folgt:
Wertebasiertes Employer Branding
Ein authentischer Unternehmensauftritt sorgt dafür, dass langfristig die passenden Talente akquiriert werden können. Dabei ist es wichtig herauszustellen, was den Arbeitgeber attraktiv macht und vom Wettbewerb abhebt. Was kann Bewerber:innen geboten werden, was andere potentielle Arbeitgeber nicht anbieten? Was sind die Alleinstellungsmerkmale?
Effiziente Bewerbungsverfahren
Komplizierte und langwierige Bewerbungsprozesse sollten vermieden werden. Effizienz und vor allem Transparenz im Bewerbungsprozess sind heutzutage unabdinglich. Was banal klingt, ist noch lange kein Status Quo in vielen Personalabteilungen.
Akzeptanz des Arbeitnehmer:innenmarktes und Active Sourcing
Top-Kandidat:innen sollten vom potentiellen Arbeitgeber aktiv angesprochen werden. Das verlangt die derzeitige Arbeitsmarktsituation. Nur so kann sich ein Arbeitgeber einen Vorteil vor Marktbegleiter:innen verschaffen. Es sollte nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage agiert werden.
Strategische Mitarbeiter:innenbindung
Ein Arbeitsumfeld, in dem sich Mitarbeitende wohlfühlen, ist die Basis für langfristige Mitarbeiter:innenbindung. Flexible Arbeitszeitmodelle wie Home Office, Teilzeitmodelle oder Elternzeit sollten mittlerweile zum Standard gehören. Transparente Kommunikation auf Augenhöhe und die Möglichkeit für junge Talente, etwas zu bewegen, sind ebenfalls essentiell, um sich am derzeitigen Arbeitsmarkt einen Vorteil zu verschaffen.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass der Fachkräftemangel für die Industrie ohne Zweifel eine große Herausforderung darstellt, welche sich in den kommenden Jahren noch weiter verschärfen wird. Unternehmen, die am Markt bestehen wollen, müssen also die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um am derzeitigen Arbeitsmarkt als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden. Die Zeit, sich an die veränderten Anforderungen und Bedürfnisse junger Arbeitnehmer:innen anzupassen, ist jetzt. Durch aktiv gestaltetes Employer Branding und die proaktive Suche nach passenden Talenten können Unternehmen ihre aktuelle Position am Markt nicht nur bewahren, sondern bestenfalls sogar stärken.