Digitalisierung als Chance für mehr Selbstbestimmtheit
Das muss nicht zwingend der Fall sein. Die Digitalisierung des öffentlichen Sektors bietet die Chance, Technologien zu implementieren, die den Bürgerinnen und Bürgern ein Stück ihrer Souveränität zurückgeben. Die europäische Datenschutzgrundverordnung (EUDSGVO) liefert bereits den regulatorischen Rahmen für Privatsphäre und Datensicherheit. Doch es braucht passende Technologien, um die Regulatorik und dahinterstehende Versprechen der Politik operativ umzusetzen, ohne dass die angebotene digitale Leistung und das Kundenerlebnis derart leiden, dass die Services zu Ladenhütern werden.
Privacy Enhancing Technologies (PETs) tragen genau dazu bei. Dabei handelt es sich um eine Reihe von Technologien, die ihre Entwicklung der Überzeugung verdanken, dass sich Informationen besser schützen lassen, wenn die Erfassung und Verarbeitung von Daten auf ein Minimum beschränkt bleibt. Die Agentur der Europäischen Union für Cybersicherheit (ENISA) beschreibt PETs als Technologien, die Funktionen zum Datenschutz oder zur Datensicherheit unterstützen. PETs können Behörden in die Lage versetzen, bürgerzentrierte digitale Services anzubieten, ohne dass Bürgerinnen und Bürger dabei die Kontrolle über ihre persönlichen Daten verlieren.
Studie zeigt Möglichkeiten von Privacy Enhancing Technologies
PUBLIC und Sopra Steria zeigen in einer aktuellen Studie die konkreten Möglichkeiten des PET-Einsatzes in der öffentlichen Verwaltung auf. Die Studie wird im Rahmen des GovTech-Gipfels 2023 veröffentlicht und belegt anhand konkreter Beispiele aus der Verwaltung und dem Gesundheitswesen, wie und welche PETs sich schon heute erfolgreich im Einsatz beweisen und die Grundlage für eine Self-Sovereign Identity (SSI) schaffen.
Solche SSI-Systeme bedeuten eine Abkehr von der zentralen Datenhaltung im öffentlichen Sektor. Sie kombinieren verschiedene PETs und ersetzen zentrale Verfahren zur Kontrolle und Authentifizierung einer Identität durch dezentrale Verfahren. Lösungen wie Zero- Knowledge Proof nutzen beispielsweise Überlegungen aus der Mathematik, um eine bestimmte Information zu verifizieren, ohne dass die Information selbst dafür offengelegt oder an Dritte übermittelt werden muss.
Ein anderes Beispiel sind synthetische Daten: In digitalen Services verbaute KI-Systeme sind zwar auf das Training mit qualitativ möglichst hochwertigen Daten angewiesen – am besten mit Daten, die die Realität mit maximaler Genauigkeit abbilden –, PETs können dies aber in Form künstlich erzeugter Daten zur Verfügung stellen. Synthetische Daten lassen keine Rückschlüsse auf Echtwelt-Daten zu. Sie lassen sich beispielsweise bei klinischen Studien einsetzen, ohne die Privatsphäre der Patientinnen und Patienten zu gefährden.
Privacy Enhancing Technologies fördern ein digitales Europa
Gerade zum Ausbau der digitalen öffentlichen Verwaltung in Europa können PETs viel beitragen. Im größten Binnenmarkt der Welt lässt sich mithilfe von PETs eine Digitalisierung umsetzen, die nicht dem Ziel folgt, Partikularinteressen des Staates oder privatwirtschaftlicher Unternehmen zu dienen.
Es wäre vielmehr eine Digitalisierung, die in vollem Umfang Bürgerinnen und Bürgern zugutekäme – und die digitale Souveränität jeder und jedes Einzelnen gewährleistete. Eine solche Digitalisierung hätte damit eine gänzlich andere Qualität als beispielsweise jene in den USA oder China. Schließlich sind es dort die Behörden oder große privatwirtschaftliche Unternehmen, die von den Daten der Bürgerinnen und Bürger profitieren und deren digitale Identitäten kontrollieren.
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