Frau Clark, haben Sie auch das Gefühl, mit Ihrer Arbeit niemals richtig fertig zu sein?
Oh ja, leider. Das können wir besonders bei Wissensarbeitern beobachten: Es gibt in der hybriden Welt keine klare Grenze mehr, an der Arbeit anfängt oder aufhört. Dazu kommt, dass die meisten Menschen sich vorstellen, andere wären gerade viel produktiver als sie selbst. Jeder ist ständig im Glauben, hinter anderen zurückzufallen.
Gilt das für Manager und Mitarbeitende ohne Führungsaufgaben gleichermaßen?
Für Führungskräfte kann dieses Gefühl noch schlimmer sein. Menschen, die zum Manager aufgestiegen sind, sind in der Regel sehr ehrgeizig. Weil sie mehr zu verlieren haben als beispielsweise ein Berufsanfänger, nimmt es sie auch stärker mit, wenn sie das Gefühl haben: „Ich komme nicht hinterher.“ Außerdem haben Führungskräfte einfach mehr Aufgaben zu erledigen als die meisten anderen. Sie müssen oft fachlich arbeiten und noch dazu ihre Teammitglieder managen.
Und dann kommt auch noch die Transformation dazu.
Ja, der ständige Veränderungsdruck verstärkt den Stress. Die meisten Führungskräfte haben sowieso viele Aufgaben gleichzeitig. Bis vor ein paar Jahren waren das aber meistens Dinge, in denen sie Routine hatten. Jetzt müssen sie parallel zu ihrer hohen Arbeitsbelastung eine steile Lernkurve hinlegen. Es ist, als müsstest du für jede deiner Aufgaben erst eine Bedienungsanleitung lesen. Und ob das, was da drinsteht, morgen noch gilt, weißt du auch nicht. Transformation ist für die Psyche eine wahnsinnige Zusatzbelastung.
Bitte sagen Sie mir, dass Sie für all das eine Lösung parat haben.
Ein paar Tipps habe ich. In der Recherche für mein Buch habe ich mich gefragt: Wie schaffen wir es, in dieser schnelllebigen Arbeitswelt cool zu bleiben und erfolgreich zu sein? Meine Antwort ist: Wir müssen alle strategischer denken.
Was heißt das konkret?
Im Alltagsstress vergessen wir vieles, was langfristig wichtig für unsere Karriere wäre. Ein gutes Beispiel dafür ist das Netzwerken. Wer sich keine Zeit für regelmäßige Kontaktpflege freischaufelt, wird irgendwann dumm dastehen. Zum Beispiel, wenn er seinen Job verliert und kaum jemanden kennt, der ihm die Tür zu einer neuen Stelle öffnen könnte. Das Gleiche gilt für die Weiterbildung.
Aber statt uns weiterzubilden oder unser Netzwerk zu vergrößern, sind wir zu beschäftigt damit, E-Mails zu beantworten und Deadlines hinterherzuhecheln?
Ganz genau. Verstehen Sie mich nicht falsch, niemand kann zu einhundert Prozent langfristig-strategisch denken. Es wird immer Aufgaben geben, die Sie kurzfristig erledigen müssen. Aber die meisten Menschen machen es genau umgekehrt: Sie denken zu einhundert Prozent kurzfristig. Sie hetzen von Meeting zu Meeting, von E-Mail zu E-Mail. Mein Appell lautet: Lasst uns versuchen, den Anteil der strategisch wichtigen Arbeit zumindest auf zehn oder zwanzig Prozent zu steigern.
Wie räume ich mir diese Zeit frei? Bei einer 40-Stunden-Woche müsste ich dann immerhin vier bis acht Stunden in strategische Aufgaben investieren.
Ja, den meisten fällt das erst mal wahnsinnig schwer. Sie denken dann an diese acht Stunden und sagen sich: „Oh Gott, wie soll ich das nur machen?“ Dabei reichen schon fünfzehn Minuten täglich.
Was kann man denn in fünfzehn Minuten Strategisches tun?
In den eigenen Kalender schauen zum Beispiel. Ich empfehle, das an jedem ersten Tag im Monat zu tun. Und dann misten Sie aus! Sie glauben gar nicht, wie viele sinnlose Meetings Sie finden werden. Termine, bei denen einfach jemand entschieden hat, dass man dafür zwei Stunden braucht, obwohl eine halbe reichen würde. Termine, bei denen Sie jemand nur nicht außen vor lassen wollte. Sie müssen Ihren Kalender vor so etwas aggressiv beschützen. Damit kaufen Sie sich Zeit zurück.
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