Seit Jahrzehnten dominiert das Konzept der Heldenreise unser Narrativ. Sie stellt eine Einzelperson in den Mittelpunkt, die mutig Herausforderungen meistert und am Ende als transformierte Siegerin oder Sieger zurückkehrt. Dieses Modell hat uns unzählige inspirierende Geschichten beschert. Doch in der heutigen komplexen Arbeitswelt, die von schnellem Wandel, Vernetzung und notwendiger Nutzung von kollektiver Intelligenz lebt, stößt dieses traditionelle Modell an seine Grenzen.
Statt „Der Held rettet uns“ braucht es „Wir bewegen uns – Schritt für Schritt“. Genau hier setzt kollaboratives Storytelling an. Es schafft einen offenen Raum für eine Vielzahl von Stimmen, aktiviert das immense kollektive Wissen der Belegschaft, integriert die notwendigen Trigger und macht Wandel als einen gemeinsamen, lebendigen Prozess erfahrbar.
Kollaboratives Storytelling – Wie funktioniert das?
Erstens: Ein gemeinsamer Nordstern schafft Orientierung. Er wird strategisch erzählt – klar, sinnstiftend, mehrdimensional.
Zweitens: Aus Zuhörer:innen werden Mitautor:innen. Teams übersetzen die Strategie in Storylines, z. B. in konkrete Experimente, Lernschleifen und sichtbare Zwischenerfolge. Viele, zunächst fragile Stränge verweben sich zu einem tragfähigen Seil.
Drittens: Wir hören zu. Mit qualitativen Feedbacks und semantischer Analyse erkennen wir, wo Energie entsteht, wo Reibung bremst und wo Führung Strukturen nachjustieren muss. So wird Kommunikation vom Senden zum Führen.
Warum ist Kollaboration wirksamer als Heldentum?
Kollaboration „managt“ Diversität nicht, sondern nutzt sie: Unterschiedliche Perspektiven werden zum Motor für bessere Entscheidungen und mehr Ownership. Menschen folgen nicht mehr einer Botschaft, sie entwickeln sie mit und übernehmen so auch Verantwortung für nächste Schritte. Das erhöht Geschwindigkeit und Qualität der Umsetzung, gerade wenn Rahmenbedingungen sich verändern.
Die Haltung dahinter: transparent, neugierig, mutig und auf Augenhöhe. Kollaboratives Storytelling ist keine Kampagne mit Enddatum, sondern ein Führungs- und Lernmodus. Er verbindet Strategie, Kultur und Kommunikation im Arbeitsalltag anhand von Ritualen, Formaten oder kleinen Triggern, die Beteiligung leicht machen und Wirkung sichtbar halten. So wird Transformation kein Ausnahmezustand, sondern eine gemeinsame Praxis.
Fazit: Die Heldenreise inspiriert – die Kollaboration transformiert
Wer heute Wandel wirklich bewegen will, ersetzt den Alleingang durch ein ko-kreatives Erzählsystem, das Orientierung gibt, Beteiligung ermöglicht und Fortschritt messbar macht. Aus Geschichten werden Bewegungen – und aus Bewegungen nachhaltige Veränderungen.

Petra Lammers ist TransformationsDramaturgin, Kommunikationsberaterin und Storytellerin. Als Geschäftsführerin von onto[story] GmbH – Büro für Transformation & Storytelling fokussiert sie sich intensiv auf den „story-driven transformation process“ und stärkt damit Unternehmen durch strategisches und kollaboratives Storytelling effektiv bei ihren Transformationen. Darüber hinaus engagiert sie sich in gesellschaftlichen Themen wie der Stärkung der Demokratie oder der Nachhaltigkeit.