Arbeitskampf gegen Roboter: Der IWF warnt vor Verwerfungen am Arbeitsmarkt durch KI. (Optik: Larissa Holzki / Dall-E)
Warum das wichtig ist? Laut dem IWF drohten andernfalls „hochgradig disruptive Szenarien“. Denn KI biete einerseits „immenses Potenzial für Produktivitätssteigerungen“. Andererseits müssten sich Volkswirtschaften aber auch auf „massive Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt“ und mehr soziale Ungleichheit einstellen. Die Jobverluste könnten „vor allem hochqualifizierte und ältere Arbeitnehmer betreffen“.
Dem IWF zufolge sind es vor allem das Ausmaß und die Geschwindigkeit der KI-Transformation, die zu größeren Risiken führen als bei jeder anderen industriellen Revolution zuvor.
Die Forderungen des IWF sind auch deshalb so bemerkenswert, weil die Debatte über die Risiken durch KI jetzt konkret wird. Zwar gab es auch aus der Forschungsgemeinschaft schon Warnungen. Diese beschrieben aber gar apokalyptische Szenarien – und es blieb immer vage, wie es dazu eigentlich kommen sollte.
So traf es sich gut, dass in Tübingen das „Who‘s who“ der europäischen KI-Szene im Rahmen der Cyber Valley Days offiziell das neue ELLIS Institut eröffnet. Am „European Laboratory for Learning and Intelligent Systems” sollen unter dem wissenschaftlichen Direktor Bernhard Schölkopf Spitzenforscherinnen und -forscher neue Ansätze und Ideen erarbeiten. Bei einem Panel auf der Veranstaltung konnten wir die Warnungen des IWF direkt diskutieren.
Bernhard Schölkopf selbst ist kein Anhänger der Weltuntergangstheorien, die internationale Kollegen von ihm verbreitet haben. Den neuen Anstoß des IWF in der Debatte über Risiken durch KI hält der Leiter des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Tübingen aber für richtig.
„Wir sollten nicht über die Gefahr reden, dass uns eine Künstliche allgemeine Intelligenz irgendwann auslöschen kann, sondern über die echten kurzfristigen Gefahren, die realistisch sind“, sagt Schölkopf. Arbeitslosigkeit gehört für den renommierten KI-Wissenschaftler dazu. Auch frühere industrielle Revolutionen hätten zu Jobverlusten geführt.
„Menschen haben gegen die Maschinen protestiert, die ihre Arbeit übernommen haben“, sagt der Wissenschaftler. „Vielleicht sehen wir hier eine ähnliche Eskalation.“

Bernhard Schölkopf (rechts) und Yann LeCun (Foto: Cyber Valley / Fugelmann)
Schölkopf sagt aber auch, dass die Entwicklungsgeschwindigkeit überschätzt werde. Er verwies auf Tesla-Chef Elon Musk, der schon vor zehn Jahren gesagt habe, dass selbstfahrende Autos kurz vor dem Durchbruch stehen. Aber bis heute habe noch kein Lastwagenfahrer seinen Job wegen eines autonomen Fahrzeugs verloren. (An dieser Stelle fiel ihm übrigens sein Mitdiskutant Yann LeCun ins Wort, um einzuwerfen, dass Elon Musk ohnehin keine Ahnung von KI habe. Allerdings befürchtet auch der Chefwissenschaftler für KI beim Facebook-Konzern Meta vorerst keine großen Verwerfungen am Arbeitsmarkt).
Auch andere Teilnehmer an der Tübinger Veranstaltung hielten Auswirkungen wie Massenarbeitslosigkeit auf absehbare Zeit für unwahrscheinlich. Das ändere sich auch nicht durch Prognosen, nach denen der Fortschritt bei generativer KI das Automatisierungspotenzial bei beruflichen Tätigkeiten rasant beschleunigt.
Laut der Unternehmensberatung McKinsey könnten in Europa bis 2030 etwa 27 Prozent aller beruflichen Tätigkeiten automatisiert werden. Sieben Prozentpunkte davon sind auf generative KI zurückzuführen.

Alexander Diehl (v. l.) und Ana Dujić (Foto: Cyber Valley / Fugelmann)
Doch „Automatisierungspotenzial ist nicht gleichzusetzen mit Automatisierung“, sagte Ana Dujić, die zuständige Abteilungsleiterin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales bei der Konferenz. Erstens dürfte es noch Jahre dauern, bis die Technologie flächendeckend implementiert ist. Zweitens dürfte der Aufwand der KI-Implementierung in vielen Anwendungsfällen auch zu hoch sein.
Und dann braucht es ja auch immer noch die Leute, die die Automatisierung technisch überhaupt umsetzen können. So könnte am Ende ausgerechnet der Fachkräftemangel dazu führen, dass die Automatisierung viel langsamer eintritt als befürchtet.
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