Google-Suche mit KI startet in Deutschland

Der weltgrößte Suchmaschinenkonzern hat nun auch in Deutschland seine sogenannte Übersicht mit KI eingeführt. Das heißt: Auf viele Fragen erhalten Sie direkt eine KI-generierte Auskunft. Sie müssen also von der Google-Seite aus nicht erst weiter auf andere Internetseiten klicken, um die Antworten selbst herauszufinden.

Google baut mit KI das Internet um. (Optik: Michel Becker | ChatGPT-4o)

Warum das wichtig ist?

Für Nutzerinnen und Nutzer ist die neue KI-Suche in einigen Fällen ganz bequem. Für viele Unternehmen  könnte sie wahrlich unbequem werden. Es droht nämlich „Google Zero“: ein Szenario, in dem Google  keine potenziellen Kunden mehr auf ihre Websites weiterleitet. Und das dürfte für einige Firmen  verheerend sein.

Google hat nämlich 80 Prozent Marktanteil am weltweiten Suchmaschinengeschäft. In Deutschland sind es sogar 87 Prozent. Dadurch hat der Konzern eine gigantische Macht zu steuern, welche Websites aufgerufen werden und welche nicht. Firmen, die im Internet etwas verkaufen wollen oder ihr Geld mit Anzeigen auf ihren Websites verdienen, sind im großen Maße von Google abhängig.

Preis- und Produktvergleichsseiten etwa dürfte die Umstellung hart treffen. Aber auch Nachrichtenseiten und Wissensdatenbanken sind betroffen. Und sehr wahrscheinlich noch viel mehr Unternehmen, deren Wertschöpfungskette durchs Internet verläuft.

Unser Technologieteam-Leiter Stephan Scheuer, der die KI-Revolution in den vergangenen drei Jahren im Silicon Valley verfolgt hat, nannte Googles KI-Suche in einem Kommentar diese Woche: „Eine Gefahr für das Internet“.

Fachportale, Blogger und Medienhäuser hätten ihre Inhalte bisher ins Netz gestellt, weil sie dafür Reichweite bekamen. Aber nun drohe das Prinzip zu implodieren. Stephan fragt: „Wenn niemand mehr klickt, wer erstellt dann noch Inhalte?“

Google zeigt jetzt KI-Zusammenfassungen an. (Optik: Google)

Larissa Holzki sieht eine solche Implosion noch nicht. Aber sie denkt, das Internet erlebt gerade einen gewaltigen Shift, in dem Onlinegeschäftsmodelle nochmal grundsätzlich neu gedacht werden. Dabei bleiben zunächst einmal Anbieter auf der Strecke, die niemand mehr braucht.

Mal ehrlich: Wer will sich schon durch Preisvergleichsseiten scrollen, wenn ich auch direkt mit einem Chatbot besprechen kann, welche Anforderungen ich an meinen neuen Laptop habe? Aus Angaben wie „16 GB RAM“ können die meisten Käufer doch sowieso nur schließen, dass „24 GB RAM“ wahrscheinlich noch besser sind. Eine echte Hilfe wäre es, wenn ich dem Chatbot sage, dass ich mit dem Gerät zum Beispiel Podcasts schneiden will und die KI mir sagt, welches Angebot für mich das Beste ist.

Die Geschäftsmodelle, die jetzt gerade zusammenbrechen, sind vor allem solche, die noch nie etwas Originäres beigetragen haben. Vielmehr haben sie ebenfalls nur Angebote unterschiedlicher Anbieter zusammengetragen, sie recht nutzerfreundlich präsentiert und Händlern und Dienstleistern Geld dafür  abgepresst, dass sie auf Seiten wie Booking, Idealo und Co. überhaupt erscheinen. Jetzt kommt eben  einer, der es den Nutzern noch bequemer macht. Pech gehabt.

Auch für Medien gilt: Wer ein Angebot liefert, das sich nur durch die höchsten Werbeausgaben und Suchmaschinenoptimierung behaupten kann, hat seine Daseinsberechtigung eh schon verloren. Solche Seiten gehören aus meiner Sicht genauso disruptiert wie das System, das die Anreize für ein solches Gebaren erst geschaffen hat.

Google ist über die Jahre schleichend von einer Such- zu einer Werbemaschine geworden. Dass Nutzer die Seite immer noch als Tor zum Internet nutzen, liegt allein daran, dass es bisher keine Alternative gab. Aber das ändert sich gerade. Jetzt muss Google um seine Position kämpfen – und das ist gut so.

Denn es ist auch klar, dass Google gar kein Interesse daran hat, Unternehmen die Sichtbarkeit vollends zu entziehen. Das hochprofitable Geschäftsmodell des Konzerns besteht ja gerade darin, Internetnutzer zu bestimmten Anbietern weiterzuleiten und sich von Letzteren dafür bezahlen zu lassen.

Interessant wird nun sein, wie diese Nutzerführung im Netz der Zukunft monetarisiert wird. Stephan schlägt vor, dass Google seine Lieferanten von Inhalten nach dem Vorbild des jungen Wettbewerbers Perplexity an den Einnahmen beteiligt. Aber so wird es wohl nicht laufen.

Aravind Srinivas, CEO der KI-Suchmaschine Perplexity (Foto: IMAGO/AFLO)

Die KI-Übersicht mit Google und ChatGPT ist erst der Anfang. In Zukunft werden wir uns von KI-Assistenten durch das Netz navigieren lassen, Informationen und digitale Inhalte beschaffen lassen.

In diesem neuen Internet werden Sie zum einen das lesen und hören, wofür sie direkt bezahlen: Denn die Supersiri auf Ihrem iPhone (wenn Sie denn 2026 kommt) wird Zugriff auf alle Dienste haben, für die Sie bezahlen: von Spotify über das Handelsblatt bis hin zu Fachdatenbanken.

Ähnlich wie in den heutigen Appstores werden Apple und Google dabei allerdings nicht die Lieferanten von Inhalten an ihren Einnahmen beteiligen, sondern sich dafür entlohnen lassen, dass Musikstreamingdienste und Nachrichtenseiten in ihren Ökosystemen mitspielen dürfen.

Neben einer solchen Premiumwelt wird es aber auch weiterhin ein System geben, das sich durch Werbung und die Auswertung von Nutzerdaten finanziert. So werden Chatbots am Ende der Laptop-Beratung auf zwei, drei Anbieter verweisen, von dem einer das höchste Gebot für diese Erwähnung abgegeben hat.

Der Unterschied zum heutigen Modell: Die Sichtbarkeit im Netz wird noch knapper und damit teurer. Denn wer vom Chatbot nicht erwähnt wird, ist quasi unauffindbar.

Und Google hat viel Erfahrung damit, diese Macht zu Geld zu machen. Wer keine eigenen Produkte zu bieten hat, sondern bisher mit einer Art Zoll-Modell und von Anzeigen gelebt hat, wird sich die Sichtbarkeit in dieser Welt nicht mehr leisten können. Die Wahrheit ist aber auch: Die Geschäftsmodelle sind aus Nutzersicht in der KI-Welt überflüssig.


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