Banking ist eine Industrie im Umbruch. Immer noch. Schon wieder: seit Neo´s, Non & Near-Banks sowie FinTech mehr denn je. Das ist keine neue Erkenntnis, aber sie gewinnt an Tiefgang. Denn der Wandel, den wir im Bankgeschäft erleben, ist nicht nur hochgradig technologisch und von immer kürzeren Halbwertzeiten geprägt. Dieser Wandel ist längst disruptiv, weitreichend und von existenzieller Natur. Denn er hat strukturelle, kulturelle und zunehmend auch ethische Dimension. Neue Plattformen, digitale Ökosysteme, künstliche Intelligenz – all das verändert, wie wir Bank denken und leben. Wie unsere Kunden Bank- und Finanzdienstleistungen jetzt und zukünftig nachfragen. Wir müssen erkennen: die Veränderungsgeschwindigkeit ist dabei so groß, dass selbst einzelne Disruptoren ihrerseits von den Entwicklungen überholt und aus unterschiedlichen Gründen „disrupted“ werden. Bei aller Faszination für das Neue bleibt also eine zentrale Frage im Raum: Woran orientieren wir uns noch, wenn scheinbar alles selbst im Wandel ist?
Technologie allein ist keine Antwort, die beste KI ist es nicht. Denn sie ersetzt keine Haltung. In der Interaktion von Menschen geht es aber darum. Authentizität ist eben gerade nicht künstlich. Und ein Wandel ohne Werte ist blind. Das muss uns beschäftigen. Denn gerade in einer Branche, die auf Vertrauen aufbaut, die sich mit weitreichenden Lebensentscheidungen von Individuen beschäftigt und mit langfristigen Beziehungen arbeitet, ist das Wertegerüst kein Beiwerk – es formt das Fundament. Und das sollte stabil ausfallen. Dort, wo Werte in der Breite verloren gehen, vieles gleich und von der KI geglättet ist, können gelebte Werte an sich schon disruptiven Charakter entfalten. Wie meine ich das?
Alles andere als banal: mit und für Menschen arbeiten
Im Bankgeschäft arbeiten wir mit und für Menschen. Das klingt banal, ist aber anspruchsvoll. Denn Menschen, unsere Kunden, erwarten heute mehr als nur funktionierende Produkte und faires Pricing im Moment ihrer Kaufentscheidung und darüber hinaus. Sie erwarten selbstverständlich Kompetenz, die mit der Zeit Schritt hält und zugleich auch Haltung im Umgang miteinander. Kunden wollen wissen, wofür wir stehen. Ich sage: Sie wollen erleben, dass wir Banken in unserem Wirkungskreis Verantwortung übernehmen – für ihr Geld, für ihre Zukunft, für die Gesellschaft, in der wir leben. Der Gen Z kommt hier eine Schlüsselrolle zu, denn sie steht stellvertretend für unsere Zukunft. Und hier beobachten wir seit geraumer Zeit, dass Werte angesichts von anstehenden und notwendigen „Lebensentscheidungen“ wieder an Gewicht gewinnen. Junge Menschen und Kunden möchten wissen, wofür sie sich entscheiden und auch wogegen. Junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind da nicht anders, zumal sie selbst auch als Kunden noch viel stärker an die jeweiligen Bankhäuser gebunden sind. Sie haben genauso Erwartungen, die vor dem Hintergrund ihres „Invest“ an Lebenszeit nochmals größer sind. Zu Recht!
Deswegen plädiere ich für Bankgeschäft mit ausgeprägter, wertebasierter Haltung. Diese entsteht jedoch nicht über Nacht oder fällt situativ mal so oder so aus. Haltung wächst vielmehr aus einer Unternehmenskultur, die über Jahre gepflegt wurde und sich aktiv weiterentwickelt. Bei der Berliner Volksbank ist genau das eine zentrale Säule unseres Selbstverständnisses. Der genossenschaftliche Gedanken des gemeinsamen füreinander Einstehens gibt uns dafür erstklassiges und über Jahrzehnte erprobtes Rüstzeug. Vor rund acht Jahren haben wir in der Berliner Volksbank zudem erkannt, dass eine werteorientierte Kultur neuer Impulse bedarf und dies in einen beständigen und bis heute andauernden Kulturprozess überführt. Wir haben dadurch in den letzten Jahren nachweislich an Veränderungsfähigkeit gewonnen. Das hat unseren wirtschaftlichen Erfolg in den letzten Jahren nachhaltig ermöglicht. In Zeiten zunehmender Umbrüche ist das zudem auch in anderer Hinsicht enorm hilfreich: für das Schritt halten und Mitgestalten, aber auch für die Resilienz der Bank gegenüber ständig neuen externen Einflüssen.
Tatkraft, Verlässlichkeit und Zusammenhalt – unsere Werte im Alltag
Wir verstehen wertebasiertes Handeln also nicht als bloßen Rückgriff auf alte Tugenden, sondern als zukunftsweisenden Kompass, nach dem wir uns richten. Werte helfen uns, in komplexen Situationen Klarheit zu gewinnen. Werte geben uns Orientierung in einer Welt, die sich immer schneller dreht. Und Werte verbinden: intern wie auch extern. Denn Kolleginnen und Kollegen, die wissen, wofür ihr Unternehmen, ihre Bank steht, handeln anders, reflektierter – ich sage bewusst: sorgender. Kundinnen und Kunden, die das wiederum spüren, reagieren darauf. – Positiv! Haltung fördert Vertrauen und Verbundenheit. Treue ist der Dank, der hieraus resultiert.
Unsere drei zentralen Unternehmenswerte Tatkraft, Verlässlichkeit und Zusammenhalt sind dabei keine abstrakten Begriffe. Sie sind konkret und greifbar. Und unser Anspruch ist der, dass unsere Werte auch erlebbar sind. Dafür müssen sie gelebt werden. Aufgabe unserer Banksteuerung ist es somit, ein „Ökosystem“ zu etablieren, welches genau das ermöglicht: Werte leben und erleben. So bedeutet Tatkraft für uns, Dinge anzupacken; mit Mut, Energie und dem Willen zum Gestalten. Verlässlichkeit zeigt sich in der Art, wie wir beraten, wie wir begleiten, wie wir auch in schwierigen Zeiten an der Seite unserer Kundinnen und Kunden stehen. Und Zusammenhalt ist das, was uns intern immer wieder zusammenführt und stark macht, über Hierarchien hinweg, über Abteilungen hinweg. Eine Bank. „Wir sind (m)eine Bank“, lautet denn auch ein zentraler Slogan der Berliner Volksbank.
Damit ist klar: Werte sind nicht nur Teil unserer Kultur, sondern auch Ausdruck unserer Vision und Mission. Wir haben unsere Unternehmenswerte gemeinsam mit unserer Belegschaft erarbeitet, eben nicht als bloße Marketingbotschaft, sondern als Leitlinie und Kompass für unser tägliches Tun. Sie helfen uns, die richtigen Entscheidungen zu treffen, Prioritäten zu setzen und auch in herausfordernden Situationen Haltung zu zeigen.
Der Handelsblatt Banken-Gipfel 2025: Bühne für Haltung
Ich freue mich sehr, diese Perspektive auf dem Handelsblatt Banken-Gipfel 2025 in die Diskussion einzubringen. Denn gerade hier, wo die Branche zusammenkommt, braucht es auch den offenen Diskurs über Werte. Sie verstehen jetzt, wenn ich sage: nicht etwa als moralische Pflichtübung, sondern als strategische Notwendigkeit für unsere Branche. Als Notwendigkeit zur eigenen Zukunftssicherung. Wir müssen uns daher fragen: Was ist unser konkreter Beitrag zur Gesellschaft? Wie gestalten wir den notwendigen Wandel einer für unser Land bedeutenden Industrie: nicht nur effizient, sondern auch menschlich?
Ich bin überzeugt: Wer Wandel wertebasiert gestaltet, gestaltet ihn nachhaltig. Für die Menschen, für die Wirtschaft, für die Region und unser Land. Und damit auch für unsere Zukunft. Nicht weniger als das ist unsere gemeinsame Aufgabe.