Diese fünf Trends lassen sich im ersten Halbjahr klar erkennen

Fast im Wochentakt haben KI-Unternehmen in den vergangenen Monaten neue Modelle vorgestellt, Finanzierungsrunden vollzogen, Übernahmen angekündigt. In den täglichen Nachrichten wurde diskutiert, ob gerade Claude von Anthropic oder Llama von Meta das heißeste Model(l) der Szene ist.

Schaulaufen der KI-Modelle (Optik: Larissa Holzki / Dall-E)

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Die Finanzierungsrunden werden immer absurder. Als 2023 Microsofts 13-Milliarden-Dollar-Investment in OpenAI publik wurde, schien das für Wettbewerber unerreichbar und buchstäblich astronomisch. Zum Vergleich: Elon Musk hat mit der Raketenfirma SpaceX laut der Datenbank Crunchbase bisher 9,4 Milliarden Dollar eingesammelt. Und die schickt heute weltweit die meisten Satelliten in den Orbit und will bald zum Mond und zum Mars.

Doch die Konkurrenz holt auf. Das Start-up Anthropic hat inzwischen acht Milliarden Dollar zusammen. Multi-Unternehmer Musk hat mit seiner KI-Firma xAI schon 6,1 Milliarden Dollar eingeworben – und will jetzt die Vorstände in seinem Autokonzern Tesla davon überzeugen, die nächsten fünf zu investieren.

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Kein Geschäftsmodell? Keine Sorge. Gewinne werfen die KI-Modelle trotz allem noch nicht ab. Im Gegenteil. Eine Analyse des Onlinemagazins „The Information“ zeigt, dass OpenAI dieses Jahr bis zu fünf Milliarden Dollar Verlust machen könnte.

Firmenchef Sam Altman sieht das gelassen. Bei einem Vortrag an der Stanford University im April sagte er: „Ob wir nun 500 Millionen Dollar pro Jahr verbrauchen oder fünf Milliarden oder 50 Milliarden, ist mir egal.“ Solange seine Firma einen weitaus größeren Wert für die Gesellschaft schaffe und in der Lage sei, ihre Rechnungen zu zahlen, spiele das keine Rolle.

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Start-ups suchen die Nische – und konkrete Lösungen für Unternehmen. Während Altman in Stanford auf die angestrebte Superintelligenz verwies, müssen weniger prominente Gründer bei Investoren mehr als vage Versprechen liefern. KI-Assistenten wie der Copilot bringen bisher kaum die erhofften Effizienzen. Und viele Unternehmen sind nicht in der Lage, aus den großen Sprachmodellen selbstständig Geschäftsanwendungen zu entwickeln.

Das eröffnet Möglichkeiten für kleinere Firmen und Start-ups. Eine neue Erhebung der Initiative Applied AI bestätigt, dass Jungunternehmen zunehmend mit maßgeschneiderten Lösungen Mehrwert schaffen. Der bekannteste Fall ist Aleph Alpha, das unter anderem Abläufe in deutschen Behörden digitalisieren möchte.

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Sprachmodelle sind kein Herrschaftswissen. Unternehmen, die ihre Modelle Open Source veröffentlichen, sorgen dafür, dass andere sie kostenlos nutzen können. Der Facebookkonzern Meta etwa hat mit Llama 3.1 eine Version seines großen Sprachmodells präsentiert, die in vielen Bereichen mit GPT-4 von OpenAI mithalten soll. Meta legt die sogenannten Gewichte seiner Modelle offen, sodass Unternehmen sie auf ihre Bedürfnisse anpassen können.

Auch Apple hat mehrere kleine Modelle auf der Plattform Huggingface veröffentlicht. Der iPhone-Konzern nimmt den Begriff OpenSource noch ernster als Meta. Apples Machine-Learning-Forscher Vaishaal Shankar schrieb beim Kurznachrichtendienst X, dass Apple das gesamte Trainingsset und die Anleitung zum Vortraining veröffentlicht: „Unseres Wissens nach sind dies die bei Weitem leistungsfähigsten Open-Source-Modelle (offene Daten, offene Gewichtungsmodelle, offener Trainingscode).“

Wichtig ist in dem Zusammenhang: Es gibt keine Garantie, dass die Konzerne auf Dauer Modelle offenlegen, die dem aktuellen Marktstandard entsprechen. Für Unternehmen bedeutet das, dass die Technologie in ihren Anwendungen möglicherweise schnell überholt ist und es dann keine Updates mehr gibt. Meta hat bereits angedroht, wegen Bedenken aufgrund des Brüssler AI Acts ein multimodales Modell, das auch Bilder interpretieren kann, vorerst nicht in der EU zu veröffentlichen.

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Die Marktkonsolidierung gewinnt an Geschwindigkeit. Experten hatten es schon erwartet: Kleinere Firmen, die finanziell schlecht aufgestellt sind oder geringe Marktchancen haben, werden aufgekauft. Beispiele dafür sind die Übernahmen des finnischen Start-ups Silo.AI durch den amerikanischen Chipkonzern AMD und des britischen Chip-Start-ups  Graphcore durch den japanischen Telekom-Riesen Softbank. Zudem kaufte die US-Firma Intapp das Berliner Start-up Delphai und Aleph Alpha holte sich mit dem insolventen Start-up Lengoo einen neuen Produktchef samt Team ins Haus.


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