Umweltthemen, Investoren-Anforderungen und Cyberattacken sorgen für neue Risiken bei der Unternehmensführung. Die Versicherungen stellen sich darauf ein.
Fragen an Dr. Carsten Keune, Head of Executive and Professional Lines, Berkshire Hathaway Specialty Insurance (BHSI) Office
Es gibt immer neue Verpflichtungen zur Einhaltung von Menschenrechten und Klimaschutz. Ich denke da beispielsweise an ESG-Regeln, Lieferketten-Gesetz und auch an das Stichwort Shell-Urteil. Lassen sich diese neuen Haftungsrisiken noch kalkulieren?
Sogenannte ESG (Environmental, Social, Governance) Kriterien werden in der Risikobetrachtung auch der D&O Versicherung in Zukunft immer wichtiger und sind bereits heute Bestandteil der Risikoprüfungen. Fragen von „Good Corporate Governance“ sind dabei seit Jahren bereits im Fokus und historisch eine relevante Quelle für D&O Schäden. Neu ist der verstärkte Fokus insbesondere auf Umweltthemen und Themen rund um Diversität und Chancengleichheit. Hier sehen sich Unternehmen und ihr Management zunehmender Erwartungshaltungen und auch Forderungen von verschiedenen Interessengruppen ausgesetzt, nicht zuletzt auch von eigenen Investoren. Im Rahmen unserer Risikoprüfungen fokussieren wir bei Berkshire Hathaway Specialty Insurance (BHSI) dabei nicht nur auf objektive unternehmerische Exponierungen in diesen Bereichen sondern insbesondere auch auf die subjektive Bedeutung, die die Transformation der jeweiligen Unternehmen für das Management innehat.
Die Digitalisierung erhöht die Anfälligkeit ganzer Produktionen für Cyberattacken und andere digital verursachte Ausfälle. Wie gehen die Versicherungen mit den drohenden Kumulrisiken um?
Die Frage nach der versicherungstechnischen Beherrschbarkeit etwaiger Kumulrisiken durch die Versicherung von Cyberrisiken ist eine der großen Herausforderungen für die Versicherungsindustrie – nicht nur in Bezug auf die konkrete Cyberrisikenversicherung selber, sondern insbesondere auch für andere Produkte und Sparten, in denen etwaige Cyberrisiken unausgesprochen mitversichert sein könnten, sog. Silent Cyber. Anders als bei der Bewertung von bekannten Risiken und deren Schwankungserwartungen im Rahmen erwartbarer Volatilitäten ist bei Risiken wie Cyber im Rahmen der versicherungstechnischen Unsicherheit eine andere Herangehensweise erforderlich, die insbesondere das Management von Kapazitäten und die Kapitalstärke des Versicherers mitumfassen muss.
Wo sehen Sie die Zukunft der D&O-Versicherungen?
Die D&O Versicherung hat sich in über 20 Jahren als ein relevantes Versicherungsprodukt etabliert und leistet einen wertvollen Beitrag zur Absicherung der persönlichen Haftpflicht von Unternehmensleitern. Dies kann und wird über die Marktzyklen hinweg so bleiben – dazu muss sich im Umgang zwischen Versicherer, Kunde und Makler transparent und nachhaltig über Risikofaktoren, deren Bewertung und sich daraus ableitbare Möglichkeiten des individuellen Risikotransfers ausgetauscht werden.
Die Fragen stellte Sabine Haupt