Die Digitalisierung der Verwaltung: Aus der Not eine Tugend machen

Die Digitalisierung in Ämtern und Behörden in Deutschland geht nach wie vor nicht schnell genug voran! Das gefährdet den Industriestandort Deutschland und den Wohlstand aller Bürgerinnen und Bürger in diesem Land. Laut einer aktuellen Studie der Deutschen Industrie- und Handelskammer haben Unternehmen den Faktor bürokratische Hemmnisse unter ihren akuten Ärgernissen noch häufiger als Energiepreise und Fachkräftemangel genannt.

Judith Gerlach, Bayerische Staatsministerin für Digitales

Das muss sich schleunigst ändern, denn unser Land braucht eine starke Verbindung von Wirtschaft und Staat, um weiter attraktiv und wettbewerbsfähig zu sein. Wir müssen diese Talsohle zum Ausgangspunkt eines neuen Höhenflugs machen. Gleichzeitig erwarten Bürgerinnen und Bürger, dass sie Verwaltungsgänge auch digital erledigen können – ganz so, wie es auch im Alltäglichen geschieht.

Rechtliche Hindernisse beseitigen, konsequent digitalisieren

Der größte Hebel für eine höhere Zufriedenheit ist, die Digitalisierung konsequent umzusetzen und rechtliche Hindernisse zu beseitigen. Rein digitale Prozesse, vom Online-Antrag bis hin zum digitalen Bescheid, müssen zum Standard werden, die rein digitale Antragstellung als default für alle gesetzt sein. Dies bildet – neben der Registermodernisierung – die Grundlage für ein No-Stop-Government, das zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und der Verwaltung führt. Das schafft eine hohe Zufriedenheit bei allen Beteiligten. Selbstverständlich muss aber weiterhin die Teilhabe aller Bevölkerungsgruppen durch ein „Opt- Out“ aus dem digitalen Prozess gewährleistet sein.

Mit dem Digitalcheck haben wir die Möglichkeit erhalten, die Digitaltauglichkeit von neuen Gesetzen bereits im Vorfeld zu prüfen. Dieses Prinzip muss aber auch auf bestehende Gesetze, insbesondere auf die Verwaltungsverfahrensgesetze, Anwendung finden, um sicherzustellen, dass Altlasten nicht den Fortschritt und neue Ideen blockieren.

Die kommunale Ebene stärken und fordern

Die Kommunalebene ist die erste Anlaufstelle für Bürgerinnen und Bürger und das Aushängeschild der digitalen Verwaltung. Bund und Länder müssen die Kommunen deshalb noch mehr in die Gestaltung der Online-Dienste einbinden. Nur zusammen mit den Kommunen können wir die Zufriedenheit mit der digitalen Verwaltung nachhaltig steigern. Die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes hat gezeigt, dass zentral koordinierte Angebote zwar notwendig, aber noch lange nicht hinreichend sind, um im Föderalstaat die Digitalisierung in die Fläche zu bringen. Dazu sind dann auch ganz klar die Kommunen gefragt, bei den Projekten aktiv mitzuwirken und die bestehenden Angebote zu nutzen.

Das EfA-Prinzip, also dass ein Land oder eine Allianz aus mehreren Ländern eine Online-Leistung zentral entwickelt und diese anschließend anderen zur Verfügung stellt („Einer für Alle“), hat sich bei einigen Leistungen bereits bewährt. Allerdings bedarf es auch hier einer Weiterentwicklung. Wir brauchen kürzere Umsetzungszeiten, weniger Bürokratie und ein deutlich weiteres und flexibleres Verständnis von EfA.

Künftig muss das EfA-Prinzip zudem von Online- Diensten auf die dahinter liegende Infrastruktur erweitert werden. Oberstes Ziel muss die Ende-zu-Ende-Digitalisierung der Verwaltung sein. Dafür braucht es neben der inhaltlichen Unterstützung selbstverständlich auch der Finanzierung: Hier ist auch der Bund gefordert, der Verwaltung Planbarkeit zu ermöglichen und längerfristige Finanzierungszusagen zu tätigen. Denn Digitalisierung ist eine Daueraufgabe.

Einen einheitlichen digitalen Identitätsnachweis schaffen

Der sichere und nutzerfreundliche Zugang zu allen digitalen Services des Staates ist die Grundlage für erfolgreiche Verwaltungsdigitalisierung. Daher müssen die vorhanden Bürgerkonten zu einer einheitlichen Lösung weiterentwickelt werden – nur so kommen wir zu einer deutschlandweiten digitalen Identität für unsere Bürgerinnen und Bürger. Für die Anmeldung an den Online- Services der Verwaltung und am Bürgerkonto brauchen wir praktikable Lösungsansätze – und zwar jetzt: Bis eine „Smart-eID“ auf allen Geräten nutzbar ist, kann ELSTER die richtige Brückentechnologie sein. Ein System, das sicher genug für die Übermittlung von Steuerdaten Richtung Finanzamt ist, muss auch sicher genug für den Austausch mit anderen staatlichen Stellen sein.

So schaffen wir eine digitale Verwaltung, die den Bedürfnissen und Erwartungen unserer Bürgerinnen und Bürger sowie den Unternehmen entspricht. Also: Packen wir es an!

Bis eine „Smart-eID“ auf allen Geräten nutzbar ist, kann ELSTER die richtige Brückentechnologie sein.

Handelsblatt Journal
Dieser Artikel ist im aktuellen Handelsblatt Journal „Government Technology“ erschienen.

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