Roboter in Paris: Die Stadt der Liebe wird zur Stadt der KI. (Optik: Michel Becker | Dall-E)
Auf Einladung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron haben sich dort Staats- und Regierungschefs und Vertreter der führenden KI-Unternehmen der Welt getroffen.
Key-Takeaways von Larissa Holzki:
Europa ist wieder im Rennen!
Zuvor herrschte noch der Eindruck vor, die USA hätten bei KI alle abgehängt. Da hatte US-Präsident Trump angekündigt, dass OpenAI, Oracle und der japanische Investor Softbank das KI-Infrastrukturprojekt Stargate mit einer halben Billion finanzieren wollten. Dann stellte ein neues, effizientes KI-Modell des chinesischen Start-ups Deepseek diese vermeintliche Gewissheit infrage. Jetzt keimt wieder Hoffnung, dass auch Europa noch eine Rolle spielen kann. Das liegt auch daran, dass Emmanuel Macron die Stärken des Kontinents beschworen und seinen Gästen glaubhaft gemacht hat, dass das scheinbar Unmögliche möglich ist.
Neue Milliardeninvestitionen verbreiten Zuversicht.
Mut hat sich auch dadurch breit gemacht, dass Macron, die deutsche Investorin Jeannette zu Fürstenberg und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen KI-Investitionen von insgesamt 309 Milliarden Euro verkündet haben. Nochmal 200 Milliarden Euro sollen später dazu kommen. Bei näherem Hingucken handelt es sich zwar teilweise um vage Absichtserklärungen. Aber das ist bei Stargate kaum anders. Zu Fürstenberg beispielsweise hat einfach bei mehr als 20 Investoren abgefragt, wie viel Geld sie in den nächsten fünf Jahren in europäische KI-Firmen investieren wollen.
Jeannette zu Fürstenberg spricht im Élysée-Palast. (Foto: General Catalyst)
France is open for business.
Der globale KI-Gipfel von Bletchley Park in Großbritannien stand 2023 noch im Zeichen von KI-Risiken. Macron hat den Fokus auf die Chancen verschoben. Dabei hat er den „AI Action Summit“ auch geschickt gekapert, um Werbung für den KI-Standort Frankreich zu machen – und für den Pariser OpenAI-Wettbewerber Mistral. Die Franzosen lieben dessen Gründer Arthur Mensch und den Chatbot „Le Chat“ (die Katze). Auf dem Start-up-Campus Station F begrüßte Frankreichs KI-Staatsministerin Clara Chappaz den OpenAI-Chef Sam Altman mit der Frage, ob er lieber Katzen oder Hunde möge. Seine Antwort „Hunde“ brachte ihm dort eher keine Sympathiepunkte ein.
Clara Chappaz (l.), Frankreichs Ministerialbeauftragte für KI und Digitales (Foto: Philemon Henry | MAE)
Bei der KI-Entwicklung entstehen neue, ungewöhnliche Partnerschaften.
Macron hat sich aus gutem Grund dazu entschieden, den indischen Premierminister Narendra Modi zum Co-Gastgeber seines Gipfels zu machen. Das Signal: Es gibt im KI-Rennen neben den USA und China noch einen Rest der Welt. In einer gemeinsamen Abschlusserklärung zum „AI Action Summit“ halten 60 Teilnehmernationen fest, dass sie digitale Ungleichheit adressieren, den Dialog über die Umweltauswirkungen von KI weiter stärken und gemeinsam Effekte von KI auf den Arbeitsmarkt untersuchen wollen. China hat das unterschrieben, die USA und Großbritannien fanden sich darin nicht wieder.
Für die Entwicklung von KI sind vier zentrale Ressourcen entscheidend: Chips, Energie, Daten und Talent.
So beschrieb es OpenAIs Leiter für globale Angelegenheiten, Chris Lehane, bei einem Mittagessen mit Journalisten. Von amerikanischen Gästen gab es auch deshalb Anerkennung für Frankreichs Strategie, mittels Atomenergie ausreichend Strom herzustellen. Lehane sagte aber auch, dass es in der Welt nur zwei Orte gibt, an denen „KI in großem Maßstab“ entwickelt werden könne, nämlich die USA und China. Dadurch wurde nochmal deutlicher, warum die Vereinigten Staaten so erpicht darauf sind, China vom Zugang zu Spitzenhardware fernzuhalten. Leistungsstarke Chips sind die einzige Ressource, die in der Volksrepublik begrenzt ist. Lehane stellt den Kampf zwischen den Giganten als Kampf zwischen demokratischer und autokratischer KI dar.
Es sind vor allem die Vertreter mächtiger KI-Unternehmen, die über die Gefahren von KI reden wollen.
Google-Deepmind-Gründer Demis Hassabis sagte schon am Vortag des Gipfels bei einem Google-Event in Paris, dass er sich Sorgen um zwei Risiken mache: „Das erste ist, dass böswillige Akteure die Universaltechnologie für schädliche Zwecke umfunktionieren.“ Dabei sei die Frage, wie diesen Akteuren der Zugang zu den Technologien versperrt werden könne oder wie sie davon abgehalten werden könnten. Das zweite Risiko seien inhärente Gefahren von agentenbasierten, also autonomeren Systemen. Hier ginge es darum, die richtigen Regeln, Werte und Ziele zu implementieren. Der Gründer des KI-Start-ups Anthropic aus den USA, Dario Amodei, sprach am Mittwoch im Rückblick auf den Gipfel sogar von einer „verpassten Gelegenheit“, mit KI verbundene Risiken zu diskutieren und wünschte sich davon bei künftigen Veranstaltungen dieser Art wieder mehr. Aus Europa folgt auf solche Aussagen mittlerweile Schulterzucken: Es setzt sich ein Verständnis durch, dass besser alle den gleichen Zugang zu der Technologie haben, als dass Europa außen vor bleibt.
Deepmind-Gründer Demis Hassabis (Mitte) im Gespräch mit Francine Lacqua (Bloomberg) und James Manyika (Google) (Foto: Google)
Am Ende ist jeder KI-Gipfel auch ein Festival mächtiger Narrative.
Das wurde etwa bei einem Event des deutschen Wagniskapitalgebers Visionaries Club deutlich, das am Mittwoch in einer Pariser Kirche stattfand. Dort sagte Amodei, KI sei nicht einfach nur eine neue Technologie. Er zeichnet eine Vision, in der künftige Rechenzentren in der Innovationskraft einem Land voller Genies mit dem Niveau Albert Einsteins gleichen. Später sagte der Mitgründer der KI-Community Hugging Face, Thomas Wolf, er hielte das für „Bullshit“. Solche KI-Fabriken würden wohl eher die Fähigkeiten eines Landes von Beratern haben. Für wie beeindruckend Sie das halten, hängt nun auch von Ihrer Meinung von Beratern ab.
Mehr zum „AI Action Summit“ erfahren Sie hier.
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