Auf in die Cloud | Mit Mut zum Erkenntnisgewinn

von Damian Bunyan
Die vergangenen Monate mit den COVID-19 bedingten Einschränkungen haben einmal mehr gezeigt, welche Vorteile die Digitalisierung bietet: Sie ermöglicht ein schnelles Reagieren auf ein sich rasant änderndes Umfeld, da sie Unternehmen bei vielen Aufgaben entlastet und bestehende Prozesse optimiert werden können. Uniper hat die Digitalisierung früh als Chance wahrgenommen und profitiert aktuell u.a. davon, dass die IT-Infrastruktur und HR-Prozesse dank moderner Cloud-Lösungen schon weitgehend auf flexibles und mobiles Arbeiten ausgerichtet sind. Beispielsweise kann selbst der Energiehandel mit einem Jahresumsatz von über 70 Milliarden Euro aus dem Homeoffice normal weiterarbeiten.

Entscheidung für die Cloud
Dabei ist die fortschreitende Digitalisierung bei uns kein Selbstläufer gewesen. Im Jahr 2016 ordnete der Energieversorger E.ON seine Geschäfte neu und lagerte einen zentralen Teil seiner  Geschäftsaktivitäten im Rahmen des bis dato größten Spin-off der deutschen Industriegeschichte in die neugegründete Uniper SE aus. Die Abspaltung hatte auch für die IT gravierende Folgen: Es stellte sich die grundlegende Frage, ob sich Uniper aus dem Shared-Service-Modell von E.ON bedienen oder besser eigene Weg gehen sollte. Welche IT-Strategie sollte das Unternehmen verfolgen? Wir wagten den mutigen Schritt. Es sollte kein eigenes Rechenzentrum aufgebaut, sondern zukünftig die Cloud genutzt werden. Voraussetzung dafür war zu Beginn die systematische Analyse aller existierender Applikationen. Es musste Ordnung geschaffen werden: Über 200 Anwendungen konnten im Ergebnis stillgelegt werden. Im Anschluss musste ein neues Unternehmensnetzwerk designt werden, das die Cloud-Lösungen und das gesamte Sicherheitskonzept von Beginn an mitberücksichtigen sollte. Uniper gehört als großer Energieversorger zu den Betreibern kritischer Infrastrukturen und damit zu den Stützen des staatlichen Gemeinwesens. Stehen die sogenannten KRITS-Unternehmen still, stehen weite Teile Deutschlands still. Digitale Sicherheit und die Hochverfügbarkeit aller Systeme haben daher für uns oberste Priorität.

Lösungsansätze hinterfragen
Rückblickend war die Entscheidung, einen neuen Weg einzuschlagen, ein Glücksfall für uns, da er einen Erkenntnisgewinn mit sich brachte. Angestoßen durch die Abspaltung und der damit verbundenen Trennung von der E.ON IT-Struktur wurden bestehende Lösungsansätze hinterfragt und letztlich umgestoßen. Ganz in der Tradition des großen Wissenschaftstheoretikers Karl Popper, der anregte, sich nicht mit der Lösung eines Problems zufrieden zu geben und diese zu verteidigen, sondern zu versuchen, die Lösung mit allen Mitteln selbst umzustoßen. Während andere Unternehmen nur vermuten können, dass Cloudlösungen auch für Unternehmen der kritischen Infrastruktur preiswerter und verlässlicher sind, weiß es Uniper.

Neue Einnahmequellen schaffen
Bei der Einführung der Cloud war es der erste Schritt, die IT stärker mit dem „Business“ zu verbinden. Im nächsten Schritt können neue Einnahmequellen geschaffen werden.

Beispiel 1: Große Industriekunden und Regionalversorger haben die Möglichkeit, über die Selfservice-Plattform „Uniper Digital“ ihr Portfolio selbstständig und online zu bewirtschaften, zu optimieren und letztlich Geld und Ressourcen zu sparen. Mit nur wenigen Klicks werden Energiemengen gehandelt, gleichzeitig erhalten die Kunden einen direkten Marktzugang zu Strom- und Gashandelsprodukten. Und das Angebot wird angenommen: Knapp 60 Prozent aller Verträge werden mittlerweile digital gemanagt.

Beispiel 2: „Enerlytics“ ist eine digitale Lösung für Kraftwerke, die den Zustand und die Anlagenwartung überwacht. Die Plattform Enerlytics sammelt Daten aus unterschiedlichen Kraftwerkskomponenten, führt sie zusammen und nutzt Künstliche Intelligenz, um Entscheidungshilfen bereitzustellen. So können Uniper-Kunden die Betriebsleistung ihrer Anlagen überwachen und mit Analysen und Echtzeit-Berichten kombinieren. Aus diesen Daten lassen sich dank Machine Learning u.a. Vorhersagen treffen, wann Teile oder Komponenten ausgetauscht werden sollten. Damit erkennen Betreiber im Voraus, welche Wartungen anliegen, und können diese effizient planen und ausführen. Durch die Optimierung der Wartungszeiten lassen sich Aufwendungen um 16 Prozent und die Kraftstoffkosten beim Start um 25 Prozent reduzieren.

Uniper hat den Kohleausstieg beschlossen, treibt diesen voran und ist bei vollem Galopp in die Cloud gesprungen. Mit der Unternehmensstrategie „Empower-Energy-Evolution“ positionieren wir uns als wichtiger Gestalter einer Low-Carbon World und zu dieser Erfolgsgeschichteleistet die IT einen entscheidenden Beitrag. ■

Während andere nur vermuten können, dass Cloudlösungen auch für Unternehmen der kritischen Infrastruktur preiswerter und verlässlicher sind, wissen wir es.

Damian Bunyan,
CIO, Uniper SE

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